
Eigenheim ade: Immer mehr ältere Menschen verkaufen ihr Haus
Online-Umfrage eines Berliner Immobilen-Unternehmens findet Bestätigung in Südniedersachsen
VON ULRICH MEINHARD
Göttingen. Immer mehr ältere Eigentümer von Häusern entscheiden sich dazu, ihr Eigentum zu verkaufen. Auf diesen offensichtlichen Trend hat das in Berlin ansässige, bundesweit aktive Immobilienunternehmen McMakler hingewiesen. Nach eigenen Erhebungen würden sich aktuell 74 Prozent der Eigentümer für einen Verkauf entscheiden, vor zehn Jahren seien es lediglich 25 Prozent gewesen, heißt es in einer Mitteilung. Während vor zehn Jahren 61 Prozent der Senioren bis zu ihrem Lebensende in ihren Häusern wohnen blieben, würden sich mittlerweile nur noch 20 Prozent dafür entscheiden.
Nach den Gründen für den Verkauf oder die Verkaufsabsicht befragt, gaben die Teilnehmer der Online-Umfrage vor allem an, dass ihr Haus zu groß und zu unpraktisch sei. Bemängelt beziehungsweise beklagt wurden auch eine nicht vorhandene Barrierefreiheit sowie der Verlust eines Partners.
„Wir können die Ergebnisse dieser Umfrage auch für die Region Göttingen bestätigen“, erklärt der Leiter des Immobilienzentrums der Sparkasse Göttingen, Henning Schaper. Seine Kollegen und er hätten sich seit einigen Jahren auf diese Entwicklung eingestellt. „Bei 250 Häusern, die wir im Durchschnitt jedes Jahr für unsere Kunden verkaufen, handelt es sich bei rund der Hälfte um Objekte, die aus den genannten Gründen von älteren Kunden zum Verkauf angeboten werden sollen“, führt er weiter aus. Schaper versichert: „Daher kennen wir die Sorgen unserer Kundschaft, wenn es darum geht, sich von der liebgewonnenen Immobilie zu trennen.“ Dieser Veränderungsprozess sei oft nicht einfach.
Für den von ihm geleiteten Bereich stellt Schaper heraus: „Wir begleiten unsere Kunden, sind behilflich bei der Suche nach einer altersgerechten, barrierefreien Wohnung.“ Für die dann zu verkaufenden Immobilien sei es in der Regel kein Problem, sie neuen Eigentümern zuzuführen. „Dank unseres umfassenden Netzwerkes finden wir schnell den passenden Käufer“, macht Schaper ein wenig Werbung in eigener Sache. Dabei würden die Sparkassen-Mitarbeiter auch ein Stück weit mentale und seelische Unterstützung leisten. „Gerade wenn zum Beispiel Kinder oder Verwandte nicht vor Ort sind, sind unsere Kunden dankbar, dass wir uns intensiv um ihr Anliegen kümmern“, weiß er. Dazu gehöre auch die Vermittlung von Dienstleistern, die in der Übergangszeit bis zum Umzug in eine neue Wohnung oder in ein Altersheim im Alltag unterstützen: „Sei es bei der Grundstückspflege oder mit kleineren Dienstleistungen rund um die Immobilie.“
Prinzipiell konstatiert auch der Göttinger Makler Michael Lauterberg den Trend eines zunehmenden Verkaufs der eigenen vier Wände bei 70-jährigen und älteren Hauseigentümern. „Und durchaus auch bei unter 70-Jährigen“, sagt Lauterberg. Er gehört zum Vorstand des Immobilienverbandes Deutschland (IVD) im Bereich Nord und ist für Südniedersachsen zuständig. Der Fachmann geht jedoch auch davon aus, dass inzwischen einfach mehr über das Thema berichtet wird und die Angelegenheit deshalb eher im Fokus steht als früher. „Dass ältere Personen mit der Unterhaltung und der Pflege ihrer Häuser überfordert sein können, ist allgemein bekannt“, hält Lauterberg fest. Er macht zugleich darauf aufmerksam, dass ältere Menschen heute oft wesentlich agiler sind als früher. „Mitte 55 ist heute Mitte 35“, malt der Makler ein Bild von gestiegener Fitness und veränderter Selbstwahrnehmung. Das ändere allerdings oft wenig daran, dass ältere Hausbesitzer ihr Wohneigentum einfach als zu groß empfinden und in der Regel deshalb verkaufen.
In der Studie von McMakler heißt es unter anderem auch: Im Gegensatz zu früher leben Familienmitglieder heute auf der ganzen Welt verteilt. Ein weiterer Grund für Senioren, ihr Eigentum zu verkaufen, um in die Nähe der Kinder und Enkel ziehen zu können.
Göttinger Tageblatt vom 05.08.2019